Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle für die menschliche Gesundheit und kann auf unterschiedlichste Art und Weise gestaltet werden. Innerhalb der letzten Jahrzehnte sind besonders die vegetarische und vegane Ernährung in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Doch ebenso gewinnt der gegenteilige Ernährungstrend der karnivoren Ernährung zunehmend an Bedeutung.
Die karnivore Ernährung besteht hauptsächlich aus tierischen Produkten und ist ursprünglich auf die Tier- und Pflanzenwelt zurückzuführen. So zählen viele Säugetierarten, insbesondere Raubtiere, aber auch Vogel-, Reptilien- und Fischarten zu den Karnivoren oder sogenannten Fleischfressern. Auch unsere Vorfahren aus der Steinzeit haben sich überwiegend karnivor ernährt, da das Tier eine überlebenswichtige Nahrungsquelle darstellte und den Menschen mit wichtigen Nährstoffen versorgt hat. In der heutigen Zeit ist das Nahrungsmittelangebot größer und immer mehr Menschen greifen in ihrer Ernährung auf pflanzliche Produkte zurück. Nichtsdestotrotz verfolgen auch unter den heutigen Bedingungen noch einige Menschen die karnivore Ernährung. Besonders in den USA hat der überwiegende Verzehr von Fleisch in der Gesellschaft Anklang gefunden.
Auswirkungen der karnivoren Ernährung auf den menschlichen Körper
Genauer betrachtet ist die karnivore Ernährung eine Form von Diät. Denn ähnlich wie bei anderen bekannten Diätformen (z. B. Low Carb, Low Fat) wird auch hier ein Schwerpunkt auf ein bestimmtes Lebensmittel gelegt, welches gezielt konsumiert oder vermieden wird. In diesem Fall liegt der Schwerpunkt auf dem Konsum von Fleisch und zeitgleich dem bewussten Verzicht von Kohlenhydraten bzw. Lebensmitteln, die nicht tierischen Ursprungs sind. Grundsätzlich bewirken Diäten oder die Umstellung auf eine einseitige Ernährungsform bei vielen Menschen eine Gewichtsabnahme.1 Demnach kann auch bei der karnivoren Ernährung zunächst eine Gewichtsreduktion stattfinden. Auf lange Sicht sind jedoch bei reinem Fleischkonsum verschiedene Dinge zu beachten.
Fleisch oder Fleischprodukte sind in der Regel reich an Proteinen, Eisen, Magnesium, Kalzium, Vitamin D und Zink. Demnach deckt der reine Fleischkonsum einige Nährstoffe, die der Körper benötigt, ab. Doch allein durch Fleisch können dem menschlichen Körper nicht alle nötigen Nährstoffe zugeführt werden. Wichtige Vitamine und Mineralstoffe, wie Vitamin C oder Ballaststoffe, fehlen gänzlich. Werden diese nicht durch andere Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen, kann sich ein entsprechender Mangel negativ auf die Gesundheit auswirken:
- Vitamin-C-Mangel: Fleisch und Fleischprodukte enthalten kein Vitamin C. Durch einen reinen Fleischkonsum kann es daher zu einem Mangel kommen, der Müdigkeit, Muskelschwäche sowie Gliederschmerzen verursachen kann. Ein langanhaltender Vitamin-C-Mangel kann zu der sogenannten Seefahrerkrankheit Skorbut führen.2 Diese äußert sich durch Fieber, Schwindel, schlechte Wundheilung, Zahnfleischbluten bis hin zu Zahnausfall sowie blasse Haut.
- Ballaststoff-Mangel: Wer sich ausschließlich von Fleisch ernährt, wird Probleme mit der Verdauung haben. Denn durch die einseitige Ernährung fehlen die für die menschliche Verdauung unterstützenden Ballaststoffe, sodass es zu Verstopfungen kommen kann. Zusätzlich entstehen durch einen hohen Fleischkonsum Entzündungen im Darm, welche langfristig zu Darmkrebs führen können.
Neben dem Nährstoffmangel erhöht ein intensiver Fleischkonsum also das Risiko für die Entstehung von Krebs. Mehrere Studien weisen nach, dass der übermäßige Verzehr von rotem Fleisch (mehr als 35 Gramm pro Tag) die Entstehung von Darmkrebs um 20 bis 30 Prozent begünstigt.3,4
Ein hoher Konsum von verarbeitetem Fleisch, wie beispielsweise von Würstchen oder diversen Aufschnitten, ist ebenfalls nachweislich gesundheitsschädlich:
- Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die karnivore Ernährung beinhaltet durch den strikten Verzicht auf Kohlenhydrate und den gleichzeitig hohen Konsum an Proteinen einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Folglich werden der Cholesterinspiegel und die Blutfettwerte erhöht, wodurch Entzündungen gefördert werden. Ebenso werden verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt.5
Die genannten Vor- und Nachteile beruhen auf Erkenntnissen zu ähnlichen fleischlastigen oder kohlenhydratreduzierten Ernährungsformen, da das Themengebiet speziell zur karnivoren Ernährung bislang nicht gesichert erforscht ist. Demnach sind auch die Langzeitfolgen dieser besonderen Ernährungsform unbekannt.
Insgesamt scheint der Trend der karnivoren Ernährung vorwiegend außerhalb Europas und insbesondere in den USA Anklang zu finden. So zeigen Statistiken von 2019 einen fast doppelt so hohen jährlichen Fleischkonsum der Amerikaner (100 Kilogramm pro Kopf) im Vergleich zu Deutschen (60 Kilogramm pro Kopf).6 Weiterhin zeichnet sich in Deutschland ein rückwärtiger Trend des Fleischkonsums ab: 2022 ist der Pro-Kopf-Konsum auf rund 52 Kilogramm gesunken.7
Diese Zahlen decken sich mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): Die DGE rät tendenziell zu kleinen Fleisch- und Wurstmengen: Je nach Kalorienbedarf werden 300 bis 600 Gramm fettarmes Fleisch oder fettarme Wurst pro Woche empfohlen. Neben eher kleinen Mengen weist die DGE außerdem darauf hin, nicht täglich Fleisch- oder Wurstwaren zu konsumieren und diese demnach nicht in jede Mahlzeit einzubinden.8 Im Kontrast dazu stehen die Empfehlungen von Dr. Shawn Baker: Dieser spricht in seinem Buch von rund 900 Gramm Fleisch täglich. Diese hohen Mengen an Fleischkonsum bergen nicht nur die aufgeführten Gesundheitsrisiken, sondern schaden auch der Umwelt: Die Fleischindustrie trägt maßgeblich zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei und ist somit schädlich für das Klima.9