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Trend: Was bringen Proteine in Lebensmitteln?

Group 11 6 min Lesezeit   |   18.08.2021

Bitte beachten Sie, dass sich die Aktualität der Inhalte immer auf das Veröffentlichungsdatum bezieht.

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Joghurt, Müsli, Brot oder Pudding: proteinreiche Lebensmittel liegen im Trend. Die Extraportion Eiweiß soll nicht nur den Muskelaufbau unterstützen, sondern auch beim Abnehmen helfen. Aber stimmt das tatsächlich?

Was es früher eher in Fitnessstudios oder Spezialgeschäften für Sportlernahrung kaufen konnte, hat mittlerweile den Sprung in die Supermarktregale geschafft: Produkte mit der Extraportion Protein. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat sich der Umsatz an High-Protein-­Produkten in den Kategorien Quark, Joghurt, Fertigdesserts sowie Milchgetränke in den vergangenen vier Jahren nahezu verfünffacht. Vom Shake für Muskelprotze zur Mahlzeit für Ottonormalverbraucher also. Doch woher kommt dieser Sinneswandel? „Darüber kann ich nur mutmaßen“, sagt Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Sie geht davon aus, dass Protein im Gegensatz zu Fett oder Kohlenhydraten ein eher „unbeflecktes“ Image bei Verbrauchern hat. „Es wird von Herstellern und dem Handel als Hilfe zum Muskelaufbau oder zum Abnehmen angepriesen, etwas, das viele Menschen anstreben. Daher fallen die werblichen Aussagen der Hersteller wohl auf fruchtbaren Boden“, so die Ernährungsexpertin.

Lebenswichtiges Eiweiß

Grundsätzlich gilt: Protein (umgangssprachlich: Eiweiß) ist ein elementarer Baustein aller lebenden Organismen und die Funktionen sind vielfältig. „Sie sind zum Beispiel Baustoffe für Zellen und Gewebe, für abwehrende Antikörper oder Transportsubstanzen für Nährstoffe – also etwa für fettlösliche Vitamine oder Eisen“, erklärt Astrid Donalies. „Da die Körperzellen ständig erneuert werden, sind sie auf eine regelmäßige Zufuhr von Protein angewiesen.“

Gesund und schlank dank Protein-Pudding und Co.?

Tatsächlich sei wissenschaftlich gesichert, dass eine höhere Proteinzufuhr im Vergleich zu einer niedrigeren Proteinzufuhr mit einer stärkeren Sättigung und dadurch im Rahmen einer Diät mit einer größeren Gewichtsreduktion in Verbindung gebracht wird. Dieser Effekt sei jedoch von kurzer Dauer. „Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass eine hohe Proteinzufuhr nur für drei bis sechs Monate zu einer größeren Gewichts­reduktion führt“, erklärt Donalies. „Mit zunehmender Dauer wird der Effekt kleiner oder verschwindet ganz.“ Nicht nur aus diesem Grund sieht Astrid Donalies die Protein-Produkte kritisch: „Wer mit einer eiweißreichen Diät Gewicht verlieren möchte oder Muskelwachstum anstrebt, benötigt keine Produkte, die mit zusätzlichen Proteinen angereichert sind.“ Selbst für Kraft- und Ausdauersportler aus dem Leistungssport reiche der Verzehr proteinreicher Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse, Fleisch, und Milchprodukte, um den erhöhten Proteinbedarf zu decken. „Natürliche, wenig verarbeitete Proteinlieferanten sind in Deutschland keine Mangelware und können leicht über eine ausgewogene Ernährung nach den 10 Regeln der DGE erreicht werden.“ Und wer abnehmen möchte, für den ist immer noch die gesamte Energiebilanz ausschlaggebend. Nur wer weniger Kalorien zuführt, als er verbraucht, nimmt auf Dauer ab.

Protein in Lebensmitteln

Aber wie werden aus „normalen“ Produkten eigentlich High-Protein-Produkte? „Das hängt vom Produkt ab“, erklärt Donalies. „Zum einen gibt es Produkte, die zum Beispiel mit Molke oder Molkenpulver angereichert werden. Diese Anreicherung fällt bei der Käseherstellung an. Sozusagen ein „Abfallprodukt“, das neben der Verwendung in Fertig- und Diätprodukten auch getrunken werden kann, aber auch an Schweine verfüttert, als Dünger verwendet wird oder in der Kosmetikindustrie Verwendung findet. Wer genau liest, stellt zudem bei einigen Produkten fest: Hinter das Wort „Protein“ wird ein Sternchen gesetzt. Die Auflösung „*von Natur aus“ steht erst im Kleingedruckten auf der Rückseite, „Protein“-Käse und „Protein“-Fisch legen die Erwartung nahe, dass in ihnen mehr Eiweiß steckt als in herkömmlichem Käse und Fisch, was „nicht der Fall“ sei. Auch hätte die Verbraucherzentrale Hessen kürzlich festgestellt, dass die High-Protein-Varianten von Käse und Wurst nicht immer neue Produktkreationen seien. Sie hätten zuvor identisch zusammengesetzt als Light-Versionen in den Regalen gelegen. „Auch bei Eiscreme, Pudding, Keksen und Bonbons setzen Hersteller inzwischen auf eine Extraportion Protein. So soll die Nährstoffzusammensetzung ihrer Produkte angeblich verbessert werden“, so Donalies. „Zum Teil enthalten diese Fertigprodukte tatsächlich weniger Zucker, Fett und Energie, stattdessen jedoch häufig Süßstoffe und Bindemittel, um den süßen Geschmack und die gewohnte Konsistenz beibehalten zu können.“ Es lohne sich also, die Zutatenliste genau zu lesen. „Wer das nicht möchte, der greift lieber zu Vollkornbrot mit Quark als zu einem Spezialpudding.“

Natürliches Protein schlägt die Konkurrenz

Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung benötigt ein Erwachsener im Durchschnitt 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. „Bei einer 70 Kilo schweren Person sind dies 56 Gramm Eiweiß am Tag“, heißt es. Dieser Bedarf könne jedoch gut über die normale Ernährung gedeckt werden. „Lebensmittel mit Protein von hoher Proteinqualität und Bioverfügbarkeit sind Milch und Milchprodukte, Fleisch und Fleischwaren, Fische und Eier“, weiß die DGE-Expertin. Wichtig sei jedoch, dass die empfohlene tägliche Zufuhr nicht nur mit tierischen Produkten gedeckt werde. „Auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Brot, Getreideflocken (aus Vollkorn) und Kartoffeln enthalten nennenswerte Mengen an Protein.“ Durch die Kombination von mehreren Proteinarten – unterschiedliche Nahrungsproteine tierischer und pflanzlicher Herkunft mit niedriger Proteinqualität – könne insgesamt eine höhere Proteinqualität erreicht werden. Sinnvolle Kombinationen seien zum Beispiel Erbseneintopf mit Brot, Linsengemüse mit Reis, Milchreis oder Pellkartoffeln mit Kräuterquark.

Kaufempfehlung – ja oder nein?

„Es gibt Einzelfälle, in denen die Produkte Sinn machen: Eiweißreiches Mehl aus Hülsenfrüchten kann beispielsweise für Menschen mit einer Glutenintoleranz interessant sein“, betont Astrid Donalies. Grundsätzlich brauche man diese speziellen Produkte aber nicht. „In der Regel bieten proteinangereicherte Lebensmittel keine Vorteile und sind zudem unnötig teuer, denn gesunde Erwachsene brauchen normalerweise kein zusätzliches Eiweiß.“ Zudem gelte: „Produkte, die ohnehin nicht gesundheitsfördernd sind, werden es mithilfe von Proteinzusätzen auch nicht, denn mittlerweile gibt es auch Schokoriegel als Proteinvariante zu kaufen.“

Kann zu viel Eiweiß schaden?

„Kurzfristig und in Maßen schadet eine Extraportion Eiweiß zwar nicht, es kann aber tatsächlich auch ein Übermaß an Proteinen geben“, warnt Donalies. Bei Erwachsenen mit eingeschränkter Nierenfunktion könne eine erhöhte Proteinzufuhr zu einer weiteren Verschlechterung der Nierenfunktion führen. Außerdem gebe es Hinweise, dass sich mit einer über dem Bedarf liegenden, steigenden Proteinzufuhr in der Schwangerschaft sowie bei Säuglingen das Risiko für Übergewicht bei den Kindern erhöht. Wie viel Eiweiß letztlich zu viel ist, lässt sich abschließend nicht genau sagen. „Die verfügbaren Daten sowie die Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Proteinzufuhr und Gesundheit reichen nicht aus, um eine tolerierbare Gesamtzufuhrmenge zu bestimmen“, so Donalies. Beobachtungen zeigten, dass eine Proteinzufuhr in drei- bis vierfacher Höhe des Referenzwerts über einen längeren Zeitraum ohne unerwünschte Symptome möglich ist. Daraus könne laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) aber nicht geschlossen werden, dass negative Wirkungen bei einer so hohen Proteinzufuhr generell nicht auftreten. „Im Durchschnitt liegt die Aufnahme von Protein deutlich höher als die empfohlene Zufuhr“, weiß die Ernährungsexpertin. Jedoch gilt: „Proteinreiche tierische Lebensmittel wie fettreiche Fleisch-, Wurst- oder Käsesorten und Eigelb enthalten gleichzeitig viel Fett, Cholesterin und Purine.“ Diese Inhaltsstoffe könnten – in größerem Maße konsumiert und bei entsprechender Veranlagung – zu Krankheiten wie Fettstoffwechselstörungen oder Gicht führen. Ein Verzehr in Maßen ist also in jeder Hinsicht angebracht.

 

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