Es ist schon wieder kurz nach Mitternacht, dabei wollte man doch eigentlich nur noch schnell ein Video vor dem Schlafengehen zu Ende schauen. Man wird aber einfach nicht müde, obwohl die Augen schon weh tun. Woran kann das liegen? Wenn es nicht einfach ein viel zu spannendes Video ist, könnte es daran liegen, dass blaues Licht vom Handybildschirm uns um den Schlaf bringt. Aber warum gerade blaues Licht?
Das ist blaues Licht
Lichtstrahlen sind elektromagnetische Wellen. Unsere Augen können die Wellen aber nur dann als Licht erkennen, wenn die Größe der Wellen in einem ganz bestimmten Bereich sind. Ein Lichtstrahl muss am unteren Ende des sichtbaren Spektrums beispielsweise mindestens eine Wellenlänge von 400 Nanometern haben, damit wir ihn sehen können. Diese kurze Wellenlänge erkennen wir als die Farbe Violett. Am oberen Ende darf Licht maximal eine Wellenlänge von 750 Nanometern haben. Diese längere Welle erkennen wir als die Farbe Rot. Zwischen diesen beiden Extremen befinden sich alle anderen Farben, die wir sehen können. Jeder Farbe ist dabei einer ganz bestimmten Wellenlänge zugeordnet. Blaues Licht variiert um die Wellenlänge von 450 Nanometern.
Unser Tageslicht ist ein vergleichsweise ausgeglichener Mix aus allen Farben (und Wellenlängen) und erscheint deshalb weiß.
Blaues Licht bei Bildschirmen
Smartphone- und viele andere Bildschirme strahlen bauartbedingt wiederum häufig einen höheren Anteil an blauem Licht mit kürzeren Wellenlängen aus. Insgesamt ist die Belastung durch dieses besonders blaue Licht aus Bildschirmen aber gar nicht höher als die Dosis, die wir selbst draußen an einem bewölkten Tag abbekommen, da die Sonne als Lichtquelle wesentlich stärker ist als die des Bildschirms. Selbst durch Wolken belastet uns das Tageslicht tatsächlich 30-mal mehr mit blauem Licht pro Tag als Bildschirme. Dies hat der britische Wissenschaftler J.B. O’Hagan mit seinen Kollegen in einer Studie im Jahr 2016 herausgefunden.
Keine besondere Gefahr für die Augen
Dass zu starkes Licht unseren Augen schaden kann, wissen wir bereits seit 1976. In diesem Jahr hat der Wissenschaftler William T. Ham mit Kollegen eine Studie veröffentlicht, die gezeigt hat, dass besonders die Wellenlängen von blauem Licht bei zu hoher Intensität kleine Verletzungen in der Netzhaut unserer Augen verursachen kann. Aus diesem Grund gibt es strikte Blaulicht-Grenzwerte für Geräte wie Bildschirme, damit derartige Schäden nicht entstehen. Ein handelsübliches Smartphone unterschreitet diesen Grenzwert aber beispielsweise um das 100-Fache. Dies konnte ebenfalls vom Wissenschaftler-Team um J.B. O’Hagan im Jahr 2016 gezeigt werden. Unseren Augen schaden blaubetonte Smartphonebildschirme also nicht mehr als das Licht in unserem Alltag.
Stress vor dem Schlafen
Obwohl uns das blaue Licht also nicht ernsthaft schaden kann, kennen viele wohl dieses unangenehme Gefühl, wenn man zu lange auf Bildschirme schaut und anschließend schlechter einschlafen kann. Dies hat vor allem mit der Helligkeit des Lichts zu tun. Je heller, desto anstrengender ist es für unsere Augen. Auch auf unsere innere Uhr hat helles Licht eine große Auswirkung, wie Victoria L. Revell von der University of Surrey bereits 2005 in einem Experiment festgestellt hat. Sie hat darin ebenfalls gezeigt, dass insbesondere blaues Licht unsere innere Uhr durcheinanderbringt. Es erscheint uns heller, als es tatsächlich ist. Das gelbliche Licht von Nachtlampen empfinden wir aufgrund des geringeren Blauanteils beispielsweise als weniger störend im Vergleich zum Smartphonebildschirm – auch wenn die absolute Helligkeit gleich ist.
Das bringen Blaulicht-Filter
Melanie Heath und ihre Kollegen von der australischen Flinders University haben 2014 keine messbaren Unterschiede der Schlafqualität festgestellt, wenn spezielle Blaulicht-Filter bei Smartphones oder Tablets vor dem Schlafengehen aktiviert waren. Während die Schlafqualität also nicht gestört wird, kann es aber trotzdem einen großen Unterschied machen, direkt vor dem Einschlafen die wahrgenommene Helligkeit des Bildschirms mit Blaulichtfiltern zu verringern (oder bestenfalls ganz auf Smartphones oder Tablets im Bett zu verzichten). Denn der beschriebene Einfluss auf die innere Uhr wird verringert, sodass man tendenziell eher einschläft. Dieser Effekt verpufft allerdings, wenn man tagsüber besonders viel und starkem Licht ausgesetzt war, wie eine Studie von der schwedischen Neurowissenschaftlerin Frida H. Rångtell und ihren Kollegen aus dem Jahr 2016 zeigt. Wer also tagsüber bei Kaiserwetter in winterlich-schneeweißer Natur unterwegs war, kann abends getrost noch eine Folge der Lieblingsserie im Bett zu Ende schauen. Denn gegen die mächtige Sonne am Tag kann auch der beste Blaulichtfilter am Abend nichts mehr ausrichten.