Spirulina ist gerade in aller Munde. Doch steckt die Blaualge wirklich voller Vitamine und Nährstoffe?
Spirulina ist eine Blaualge aus der Familie der Cyanobakterien – und aktuell sprichwörtlich in aller Munde. Sie soll DAS Nahrungsergänzungsmittel sein, sättigen und den Stoffwechsel stimulieren – und so beim Abnehmen helfen – viel Eiweiß enthalten, dazu Mineralstoffe wie Eisen, Calcium, Phosphor und Magnesium und jede Menge Vitamine. Hervorgehoben wird immer wieder die große Menge an Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, wichtig zum Beispiel für die Nervenfunktion, Zellteilung und Blutbildung. Bei einem Mangel kann es zu Haarausfall, depressiven Verstimmungen und auch Blutarmut kommen. Zur Gruppe der Vitamin-B12-Mangel gefährdeten Menschen zählen besonders Veganer, weil unser Körper das Vitamin im Normalfall nur aus tierischer Nahrung bekommt. Spirulina aber soll es richten. Auch soll sie den Alterungsprozess verlangsamen, den Cholesterinspiegel senken und das Blutbild verbessern, die Denkleistung erhöhen und sogar gegen Krebs helfen können. Ein wahres Wundermittel also.
Warum wird Spirulina so angepriesen?
So gehypt wird die Alge, weil sie schon so uralt ist und vermutlich seit Jahrhunderten von Menschen gegessen wird. Was schon lange verzehrt wird, kann ja nicht schlecht sein. Seit dreieinhalb Millionen Jahren wächst sie. Es heißt auch, sie habe mit ihrer Fähigkeit, Sauerstoff als Abfallprodukt aus der Photosynthese zu produzieren, schon zur Sauerstoffbildung in der Erdatmosphäre beigetragen, als die Welt noch in der Entstehung war und damit Maßgeblich zur Schaffung des Lebens beigetragen. Sie ist also ein Naturprodukt mit Mehrwert. Klingt doch eigentlich super, oder?
Keine wissenschaftlichen Beweise
Wenn man dann aber versucht, den Inhaltsstoffen und deren Wirkung auf den Menschen wissenschaftlich auf die Spur zu kommen, entsteht plötzlich ein ganz anderes Bild. Einzig bewiesen ist nämlich, dass die Alge gesunde Nährstoffe enthält, die sich auf Tiere positiv auswirken. Was Inhaltsstoffe bei Menschen bewirken, ist aber noch nicht entschlüsselt – und das, was man weiß, klingt nicht so vielversprechend, wie es auf den Produkten angepriesen wird. Eine der Fragen ist zum Beispiel, wie gut verwertbar die enthaltenen Vitamine für den Körper sind. Im Fall von Vitamin B12 zum Beispiel ist es so, dass es zum Großteil gar nicht verarbeitet werden kann. Es wird also aufgenommen und unverrichteter Dinge wieder ausgeschieden und trägt damit nicht zur Deckung des von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Tagesbedarfs eines Erwachsenen von 4 Mikrogramm bei. Und können nicht mindestens 30 Prozent dieses empfohlenen Tagesbedarfs über ein Nahrungs(ergänzungs)mittel gedeckt werden, darf es nicht damit beworben werden. Wird es aber.
Viel Protein in der Blaualge
Ähnlich steht es um den besonders hohen Proteingehalt der Alge. Zwar stimmt das tatsächlich, Spirulina besteht zu 55 Prozent aus Protein. Bei der empfohlenen Tagesmenge Spirulina nimmt man aber nur gute zwei Gramm des Proteins zu sich. Der Eiweißbedarf eines Erwachsenen liegt laut Empfehlungen der DGE jedoch bei 0,8 Gramm je Kilogramm Körpergewicht. Bei einem 60 Kilo schweren Erwachsenen also bei knapp 50 Gramm. Da kann die Spirulina-Alge kaum etwas ausrichten.
Vorsicht bei Wechselwirkung mit Medikamenten
Das ist alles nicht schlimm, zeigt aber, dass die Wunderwirkung vielleicht gar nicht so großartig ist. Wirklich schwierig wird es aber für Menschen, die regelmäßig Medikamente nehmen müssen. Sie sollten sich vor Spirulina-Verzehr gründlich von ihrem Arzt beraten lassen. Einige Inhaltsstoffe der Alge können nämlich die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen, also abschwächen oder verstärken. Außerdem nimmt die Alge Schwermetalle aus dem Wasser auf, was sogar zu Vergiftungserscheinungen führen könnte. Diese Giftstoffe können Leber, Niere und Gehirn angreifen und stehen in Verdacht, das Krebsrisiko zu steigern. Dagegen könnte man sich aber immerhin schützen, indem man konsequent hochwertige Produkte kauft, die in Aquakulturen mit sauberem Wasser gezüchtet werden.