Bei Weihrauch denken die meisten an Duftkerzen und Räucherstäbchen, an Gottesdienste und spirituelle Rituale. Doch das bernsteinfarbene Baumharz wird auch als Heilmittel eingesetzt. Hält es, was es verspricht?
Wer die Heilkraft des Weihrauchs entdeckt hat, lässt sich heute nicht mehr in Erfahrung bringen. Historische Aufzeichnungen belegen jedoch, dass das Harz bereits seit mehreren tausend Jahren von Menschen genutzt wird. Bereits ab dem 6. Jahrhundert vor Christus nutzten die Chinesen den Weihrauch, um zum Beispiel ihre Kleidung damit zu desinfizieren. Weihrauch wird zudem genutzt, um Durchfälle, Verbrennungen, Fieber und Bluterkrankungen zu behandeln, wie eine Studie der Uniklinik Freiburg belegt.2
Woher stammt Weihrauch?
Der größte Teil des Weihrauchs, bei dem zwischen afrikanischen und dem indischen Weihrauch unterschieden wird, wird in Äthiopien, Somalia, Indien und im Oman geerntet.3 Gewonnen werden die bernsteinfarbenen Klumpen, indem die Rinde der Weihrauchbäume eingeritzt wird, so dass eine klebrige Flüssigkeit austritt, die dann an der Luft trocknet. Neben ätherischen Ölen enthält das Harz Boswellia-Säuren. Diese Säuren kommen in der Natur nur in Weihrauch vor und genau sie sind es, die den Weihrauch für die Medizin interessant machen.
Warum ist Weihrauch so besonders?
Wissenschaftler der Universitäten Jena und Saarbrücken haben mit einer Studie gezeigt, dass die Boswelliasäure aus dem Weihrauch in der Lage sei, ein zentrales Entzündungsenzym so umzuprogrammieren, dass es statt entzündungsfördernder Substanzen entzündungsauflösende Resolvine produziere.4 Dabei fand die Forschergruppe zudem heraus, dass afrikanischer Weihrauch im Vergleich zum indischen Weihrauch um den Faktor 10 wirksamer war.5 Außerdem enthält Weihrauch Lupansäure, Robursäure, Ursolsäure, Tirucallsäure und Incensol-Acetat. Auch diesen Stoffen werden antientzündliche Eigenschaften zugeschrieben.6 Incesol-Acetat soll darüber eine anti-depressive, beruhigende und erhellend Wirkung haben.7 Auch deshalb kann Weihrauch bei einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt werden. So zeigen erste Studien zum Beispiel, dass eine Einnahme Gelenkbeschwerden bei Arthrose, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Asthma lindern kann.8 Des Weiteren gibt es eine Pilotstudie von Forschern aus Hamburg und Kiel, die den Einsatz von hochdosiertem pharmazeutischem Weihrauch bei MS-Patienten erforscht hat.9 Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass die Wirksamkeit von Weihrauch der von Kortison ähnelt. Trotz dieser Erkenntnisse sind die Forschungsergebnisse nicht aussagekräftig genug, um Weihrauch als Arzneimittel zuzulassen. Als Nahrungsergänzungsmittel ist Weihrauch allerdings frei verkäuflich.
Vorsicht: Wann eignet sich Weihrauch nicht?
Trotz einiger guter Forschungsansätze darf man auch von Weihrauch keine Wunder erwarten. Viele Studien wurden nur mit wenigen Probanden oder in Form von Tierversuchen durchgeführt, so dass die Ergebnisse nicht zu hochgehängt werden dürfen. Zwar ist Weihrauch als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich, aber diese sind bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. So warnt die Verbraucherzentrale davor, dass weder die Art des Extraktes noch Inhaltsstoffe oder Dosierung standardisiert seien. Zudem zeigten Untersuchungen, „dass statt der beworbenen enthaltenen "80 Prozent" Boswelliasäuren oft nicht mehr als 35 Prozent Boswellia-/Lupeolsäuren enthalten sind, manchmal sogar gar keine.“10 Außerdem kann es laut Verbraucherzentrale zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen. So sollten Menschen, die zum Beispiel Blutgerinnungshemmer wie Warfarin (Coumadin®) einnehmen, nicht zu Weihrauchprodukten greifen. Vorsicht ist auch immer dann geboten, wenn die Herkunft eines Präparats unklar ist. Im schlimmsten Fall können die Produkte Pestizide und Schwermetalle enthalten.11