Sabina grinst. „Das ist gut, denn es geht tatsächlich auch ums sinnliche Erspüren der feineren Microbewegungen und kleinen Winkelverschiebungen.“ Das brauchen die Wahrnehmungsfühler der Faszien genauso wie elastische Rückfederungen. Dadurch können sich die Faszien unterschiedlichen Belastungsanforderungen im Alltag immer wieder neu anpassen und bleiben fit. Auch das Aufspannen des gesamten Körpers ist wichtig. Wie das aussieht, spüre ich in der nächsten Übung, für die Sabina einen Stuhl holt. Mit den Händen auf der Lehne beuge ich mich tief mit dem Rücken, anschließend rekele und strecke ich mich, angeleitet von Sabina, gestützt auf die Lehne. Wie eine Katze nach dem Schlaf strecke ich von der Fingerspitze bis zum Zeh meinen Körper, den unteren Rücken dabei immer wieder aufgespannt. „Das ist zum Beispiel eine wunderbare Übung für morgens direkt nach dem Aufstehen. Sie belebt und erweckt das gesamte Fasziennetzwerk unseres Körpers“, empfiehlt die Expertin und bestätigt meine Katzenassoziation.
Faszien-Training sorgt für eine bessere Beweglichkeit
Während sie mir die nächste Übung zeigt, spricht sie über den Vorteil der Bewegungsvielfalt mit unterschiedlichen Impulsen für die Faszien. Das hält sie feucht und sorgt für eine dynamische Geschmeidigkeit im Körper, für eine fließende Durchlässigkeit und Neubildung des Bindegewebes. Ebenso wird eine gesunde, haltgebende Spannkraft entwickelt, ohne dabei eine Überbelastung des Kollagens mit zu hohem Tonus zu entwickeln. Als Faszien-Yoga werden oft passive Dehnungen und ineinander übergehende Flow-Übungen verstanden. Bei einem wirksamen Faszientraining stehen jedoch die aktiv geladenen Dehnungen unter Aufspannung des gesamten Körpers im Vordergrund. Es geht um Dehnungen unter Spannung entsprechender Körperbereiche. Hinzukommen die elastischen Rückfederungen und Katapultbewegungen, die auch Gazellen für ihre federnd leichten und kraftvollen Sprünge nutzen.
Genau das spüre ich in der nächsten Übung, den elastischen Federungen an der Wand: Vor der Wand stehend lege ich meine Hände auf und drücke mich immer wieder federnd und leicht von der Wand ab, schwinge zurück und lande wieder auf meinen Händen, den unteren Rücken aufgespannt. Dabei wechsle ich die Winkel, lande mal nur auf den Fingern, mal auf dem Handballen.
Das unterscheidet Faszien-Yoga von klassischen Yoga-Übungen
Nun geht es auf die Matte. Die Startübung erinnert an eine klassische Yogahaltung. Auf der Seite liegend stelle ich das obere Bein vor dem unteren ausgestreckten Bein auf. Doch nun wird es wieder aktiver. In feinen Impulsen wippt das untere Bein auf und ab. Ist das schon der entscheidende Unterschied zu klassischen Yoga-Übungen? „Faszien-Yoga ist eigentlich nur ein neuer Begriff. Denn jede traditionelle Hatha-Yoga-Form arbeitet mit einem bestimmten Aspekt der Faszien. Es lässt sich praktisch in jede Sportart und Yogapraxis integrieren. Ohne viel Zeitaufwand können einige Übungen leicht abgewandelt werden und schon werden wir den Bedürfnissen dieses fantastischen Netzwerks gerecht“, sagt Sabina.