Wer schon mal verliebt war, kennt dieses Gefühlschaos, für das es so viele liebevolle Metaphern, aber doch keine adäquate Beschreibung gibt. Wahrscheinlich, weil so viel auf einmal im Körper passiert.
Von Glücksgefühlen, Herzrasen, schwitzigen Händen bis zu sprunghaften Handlungen und der totalen Fixierung auf einen Menschen – Verliebtsein bedeutet, sich in einem Ausnahmezustand zu befinden. Psychisch wie physisch.
Platon formulierte es einst in der Antike so: „Liebe ist eine schwere Geisteskrankheit.“ Damit hatte der griechische Philosoph natürlich nicht recht, allerdings ist der Zustand des Verliebtseins tatsächlich mehr Kopfsache als Herzensangelegenheit. In der Kommandozentrale des Körpers werden die Hormone und Botenstoffe, die dieses herrlich prickelnde Gefühlschaos anrichten, ausgeschüttet. Sie verknüpfen dabei im Hirn den Anblick und den Geruch der begehrten Person mit wunderbaren Glücksgefühlen.
Auch die Stresshormone steigen
Insbesondere das Belohnungszentrum wird dabei aktiviert. Der Körper produziert eine Menge des als „Glückshormon" bekannten Dopamins. Es sorgt dafür, dass die Verliebten sich in einem Zustand des puren Glücks, ja förmlich des Rausches befinden. Während das Dopamin den Körper förmlich überschwemmt, nimmt das Serotonin ab. Untersuchungen ergaben, dass der Serotoninspiegel mancher Verliebter sogar dem von Menschen mit Zwangsstörungen ähnelte: Das Verliebtsein sei am Ende eine Form der Obsession. Und irgendwie ist es ja auch so. Wer verliebt ist, ist auf diesen einen bestimmten Menschen fixiert, seine Gedanken kreisen nur um ihn. Alles andere verliert an Wichtigkeit. Die rosa rote Brille verpackt alles in zuckersüße Zuckerwatte.
Wer schon einmal verliebt war, weiß aber auch, dass Verliebtsein Stress bedeutet. Man ist aktiver, wacher, aber gleichzeitig auch impulsiver, zerstreuter und hibbeliger. Auch hier sind Hormone Treibstoff. Das Adrenalinlevel und der Cortisolspiegel, die sogenannten Stresshormone, sind bei Verliebten erhöht. Sie erschweren die Konzentration und das klare, gezielte Denken. Körperlich äußert sich das auch durch einen schnelleren Herzschlag oder schwitzige Hände.
Bindung wird gestärkt
Natürlich ist auch die körperliche Anziehungskraft bei Verliebten ausgeprägt. Dazu kommt neben Geschlechtshormonen wie dem Testosteron, die für sexuellen Antrieb sorgen, auch das „Kuschelhormon“ Oxytocin ins Spiel. Das in der Hirnanhangdrüse gebildete Hormon wird auch vermehrt bei der Geburt ausgeschüttet. Es ist für die Bindungsstärkung zuständig und trägt wohl auch bei Paaren dazu bei, dass sie sich für längere Zeit aneinanderbinden.
Am Zustand des Verliebtseins sind also viele verschiedene Hormone und Botenstoffe und mehrere Gehirnareale beteiligt. Hirnforscher konnten sogar nachweisen, dass diese Hirnaktivitäten, denen von Suchtkranken ähneln. Die Droge der Verliebten: Die Person ihrer Begierde, von der sie nicht genug bekommen können. Sie empfinden Euphorie, Belohnung und die Motivation, sie regelmäßig zu „konsumieren“.
Liebe als komlexes Phänomen
Nun gut, ist der aufregende Psychotrip des Verliebtseins also am Ende nur ein hormongetriebener Trick der Evolution, um die Fortpflanzung der menschlichen Spezies zu sichern? Keine Sorge, so unromantisch ist es nicht. Schließlich ist die Ausschüttung des Hormoncocktails eine Konsequenz und nicht die Ursache, warum wir uns in einen Menschen verlieben. Liebe ist ein komplexes Phänomen mit vielen Facetten. Neben neurobiologischen spielen viel mehr auch psychologische Abläufe eine Rolle. Und die lassen sich nicht so einfach im Labor abbilden. Verliebtsein ist eine verrückte Empfindung, die noch heute nicht entwirrt werden konnte. Aber das muss sie auch gar nicht. Das Verliebtsein ist etwas Schönes und Aufregendes, es ist der notwendige Türöffner zu einem Herzen. Ob ein Mensch durch sie hindurchtreten und bleiben darf, das steht auf einem ganz anderen Blatt.