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Migräne

Autoren/Herausgeber: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Einleitung

Eine Migräne ist etwas anderes als gewöhnliche Kopfschmerzen, die fast jeder Mensch ab und zu hat. Bei einem Migräneanfall setzen plötzlich heftige Schmerzen ein, oft nur auf einer Kopfseite. Sie sind deutlich stärker als gewöhnliche Kopfschmerzen und meist von weiteren Beschwerden begleitet.

Von einer Migräne spricht man aber erst, wenn die typischen Symptome mindestens fünfmal aufgetreten sind.

Eine Migräne schränkt den Alltag meist erheblich ein. Manche Menschen haben nur gelegentlich einen Migräneanfall. Andere sind jeden Monat für mehrere Tage außer Gefecht gesetzt. Verschiedene Medikamente können helfen, mit Migräne zurechtzukommen.

Auf einen Blick

  • Bei einem Migräneanfall kommt es plötzlich zu starken, oft einseitigen Kopfschmerzen.
  • Sie können von weiteren Beschwerden wie Übelkeit und Lichtempfindlichkeit begleitet sein.
  • Eine ausgeprägte Migräne mit häufigen Anfällen ist sehr belastend.
  • Medikamente können helfen.

Symptome

Typisch für Migräne sind mäßige bis starke Kopfschmerzen, oft auf einer Seite des Kopfes. Meist werden sie als pulsierend, pochend oder hämmernd empfunden. Oft verstärken sie sich bei körperlicher Aktivität, manchmal schon bei kleinen Bewegungen. Die Kopfschmerzen können mit Übelkeit und Erbrechen verbunden sein. Sie können bei manchen Kindern auch fehlen – ihnen ist hauptsächlich übel, sie müssen sich übergeben und ihnen ist schwindelig.

Manche Menschen sind während der Anfälle auch sehr licht- und geräuschempfindlich. Unbehandelt halten die Beschwerden zwischen vier Stunden und drei Tagen an.

Bevor die eigentliche Migräne spürbar wird, sehen manche Menschen Lichtblitze und eigenartige Formen. Andere nehmen alles etwas verschwommen, verwackelt oder wie durch Wellenlinien hindurch wahr. Vorübergehend können sich auch Sprachstörungen, Lähmungen oder Missempfindungen wie Kribbeln einstellen. In der Medizin werden solche Erscheinungen als „Aura“ bezeichnet. Eine Aura klingt normalerweise innerhalb einer Stunde folgenlos wieder ab und wird dann von den typischen Migräneschmerzen abgelöst.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen von Migräne sind nicht bekannt. Eine Theorie besagt, dass entzündliche Vorgänge an den Blutgefäßen im Gehirn eine Rolle spielen. Möglicherweise ist auch von Bedeutung, wie Schmerzsignale im Gehirn verarbeitet werden. Stress spielt bei Schmerzen oft eine wichtige Rolle: Sich nervös und angespannt zu fühlen, kann Schmerzen verstärken oder dazu beitragen, dass sie überhaupt auftreten. Sehr hektische Tage ohne ausreichende Pausen können Kopfschmerzen daher begünstigen. Manchmal setzt aber auch eine Migräne ein, wenn der Stress nachlässt – zum Beispiel am Wochenende oder in den ersten Urlaubstagen.

Bei Menschen mit Migräne können auch unregelmäßige Schlaf- und Essenszeiten die Wahrscheinlichkeit für einen Anfall erhöhen. Möglicherweise besteht zudem ein Zusammenhang zwischen Migräne, der Ernährung und körperlicher Bewegung. Wer Migräne hat, kann selbst herausfinden, ob diese Faktoren einen Einfluss haben. Dabei kann ein Migräne-Tagebuch helfen.

Häufigkeit

Frauen haben öfter Migräne als Männer. Etwa 14 von 100 Frauen und 7 von 100 Männern haben wiederkehrende Migräneanfälle. Bei Kindern sind Mädchen und Jungen gleich häufig betroffen: Etwa 4 bis 5 von 100 Kindern haben Migräne.

Verlauf

Eine Migräne kann mit der Zeit von selbst besser werden. Junge Frauen haben oft zum ersten Mal eine Migräne, wenn sie ihre Monatsblutung bekommen. Bei vielen Frauen bleiben die Anfälle während einer Schwangerschaft aus und verschwinden nach den Wechseljahren ganz.

Sehr selten wird eine Migräne chronisch. Davon spricht man, wenn über mindestens drei Monate an mehr als 15 Tagen pro Monat Beschwerden auftreten. Weniger als 2 von 100 Menschen mit Migräne haben eine chronische Form.

Vorbeugung

Bestimmte Schlafgewohnheiten oder andere Verhaltensweisen können Migräneanfälle begünstigen. Worauf Menschen mit Migräne empfindlich reagieren, ist unterschiedlich. Ein Kopfschmerz- oder Migräne-Tagebuch kann helfen, Auslösern auf die Spur zu kommen. Darin hält man zum Beispiel fest, wie schwer und lang ein Anfall war, was zum Zeitpunkt des Anfalls geschehen ist, was man davor gegessen oder getrunken hat und welche Medikamente man genommen hat.

Anhand der Aufzeichnungen können Zusammenhänge zwischen Anfällen und möglichen Auslösern deutlich werden. Außerdem zeigen die Tagebuch-Eintragungen, ob sich die Häufigkeit und Stärke der Migräne tatsächlich verringert, wenn man für eine Weile auf einen möglichen Auslöser wie zum Beispiel Rotwein verzichtet.

Manche Menschen probieren auch Nahrungsergänzungsmittel, pflanzliche Arzneimittel oder Entspannungsverfahren aus, um ihren Migräneattacken vorzubeugen. Bei sehr starken oder sehr häufigen Migräneanfällen kommen auch Medikamente zur Vorbeugung oder eine psychotherapeutische Behandlung infrage. Dabei lernt man zum Beispiel mehr über die Erkrankung oder übt Techniken, die helfen sollen, mit stressigen Situationen umzugehen.

Behandlung

Viele Menschen mit Migräne lindern Anfälle zunächst einmal mit allem, was ihnen persönlich aus Erfahrung guttut: Sie legen sich in einem ruhigen und dunklen Raum hin und bedecken die schmerzende Kopfseite vielleicht mit einer kühlenden Auflage, etwa einem feuchten Tuch oder einem Kühlelement.

Wenn die Migräne sehr schmerzhaft ist, nehmen die meisten Menschen Medikamente, um den Anfall durchzustehen. Dazu gehören vor allem Paracetamol, entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) wie ASS, Diclofenac oder Ibuprofen und spezielle Migränemittel wie Triptane. Paracetamol, ASS und Ibuprofen sind in der Apotheke auch ohne Rezept erhältlich, ebenso zwei Wirkstoffe aus der Gruppe der Triptane. Bevor man sich selbst behandelt, sollte aber ärztlich abgeklärt sein, dass es sich bei den Kopfschmerz-Anfällen tatsächlich um eine Migräne handelt.

Werden Schmerz- und Migränemedikamente zu oft eingesetzt, können sie die Kopfschmerzen verstärken. Daher wird empfohlen, Schmerz- und Migränemedikamente nicht häufiger als zehn Tage im Monat zu nehmen.

Leben und Alltag

Es gibt viele Menschen, deren Migräne so stark ist oder so häufig wiederkehrt, dass sie ihr tägliches Leben erschwert. Wiederholte Anfälle können sehr belastend sein; lange anhaltende Kopfschmerzen zehren an den Kräften. Viele Menschen mit Migräne sind während eines Anfalls kaum oder gar nicht in der Lage, ihren täglichen Aktivitäten zu Hause und bei der Arbeit nachzugehen. Ihre Leistungsfähigkeit und Konzentration nimmt stark ab.

Migräneanfälle können zu bestimmten Zeiten auftreten, wie bei Frauen typischerweise in den Tagen vor ihrer monatlichen Regelblutung. Oft sind die Anfälle aber unvorhersehbar. Dies macht es auch schwer, Aktivitäten zu planen oder Verabredungen einzuhalten. Nicht nur die Beschwerden selbst können stark belasten und die Lebensfreude dämpfen, sondern auch die Angst vor erneuten Migräneanfällen und Sorgen, wie sich die Migräne beispielsweise auf Familie und Beruf auswirkt.

Negative Gefühle und Gedanken können zudem zu einem Verhalten führen, das die Lebensqualität zusätzlich mindert: Etwa wenn man aus Furcht vor einem Migräneanfall Aktivitäten vermeidet, die einem eigentlich Freude bereiten. Die kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, solche negativen Denkmuster und Verhaltensweisen zu ändern. Manche Menschen probieren diese Methode aus, um besser mit ihrer Migräne zurechtzukommen. Andere versuchen es mit Entspannungsverfahren wie etwa autogenem Training. Dabei lernt man, sich in einen tiefen Entspannungszustand zu versetzen. Wieder andere fühlen sich besser, wenn sie körperlich aktiv sind.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. In unserem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ informieren wir darüber, wie man die richtige Praxis findet – und mithilfe unserer Frageliste möchten wir dabei helfen, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten.

Für Menschen mit Migräne gibt es in Deutschland zahlreiche Angebote zur Unterstützung. Dazu gehören Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Viele dieser Einrichtungen sind aber vor Ort unterschiedlich organisiert. Eine Liste von Anlaufstellen hilft, passende Angebote zu finden und zu nutzen.

Quellen

Barnes NP. Migraine headache in children. BMJ Clin Evid 2015: pii: 0318.

Belam J, Harris G, Kernick D et al. A qualitative study of migraine involving patient researchers. Br J Gen Pract 2005; 55(511): 87-93.

Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne (S1-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 030-057. 2020.

Diamond M. The impact of migraine on the health and well-being of women. J Womens Health (Larchmt) 2007; 16(9): 1269-1280.

Evers S, Marziniak M. Clinical features, pathophysiology, and treatment of medication-overuse headache. Lancet Neurol 2010; 9(4): 391-401.

Fenstermacher N, Levin M, Ward T. Pharmacological prevention of migraine. BMJ 2011; 342: d583.

Gilmore B, Michael M. Treatment of acute migraine headache. Am Fam Physician 2011; 83(3): 271-280.

Hacke W. Neurologie. Berlin: Springer; 2016.

Harris P, Loveman E, Clegg A et al. Systematic review of cognitive behavioural therapy for the management of headaches and migraines in adults. Br J Pain 2015; 9(4): 213-224.

International Headache Society (IHS). Die Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen, 3. Auflage – ICHD-3. 2018.

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Kropp P, Meyer B, Dresler T et al. Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen zur Behandlung der Migräne. Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Nervenheilkunde 2016; 7-8: 502-515.

Marmura MJ, Silberstein SD, Schwedt TJ. The acute treatment of migraine in adults: the american headache society evidence assessment of migraine pharmacotherapies. Headache 2015; 55(1): 3-20.

Woldeamanuel YW, Cowan RP. Migraine affects 1 in 10 people worldwide featuring recent rise: A systematic review and meta-analysis of community-based studies involving 6 million participants. J Neurol Sci 2017; 372: 307-315.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Aktualisiert am 13.07.2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

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