Dass der Puls bei Sport oder Stress steigt, ist ganz normal. Manchmal schlägt das Herz aber aufgrund einer Erkrankung sehr schnell. Man kann das als unangenehmes Herzrasen spüren. Mögliche Ursachen sind hohes Fieber, Schilddrüsenprobleme oder Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder eine Kammertachykardie.
Es gibt auch andere Herzrhythmusstörungen, die Herzrasen auslösen können: die anfallsartigen Vorhoftachykardien (Fachbegriff: paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien). Um sie geht es in diesem Text. Sie sorgen meist für kurze Anfälle: Das Herzrasen fängt plötzlich an und verschwindet meist nach einigen Minuten von selbst wieder. Der Herzschlag bleibt dabei regelmäßig. Diese Herzrhythmusstörungen entstehen in den Vorhöfen des Herzens oder am Übergang zwischen Vorhöfen und Herzkammern.
Vielen Betroffenen gelingt es, einen Anfall von Herzrasen selbst zu beenden, indem sie die Luft anhalten und in den Bauch pressen – ähnlich wie man es gegen Schluckauf macht.
Die Anfälle haben in der Regel keine ernsten Folgen. Bestimmte Formen anfallsartiger Vorhoftachykardien können jedoch zu Komplikationen führen. Aber auch sie lassen sich in der Regel gut behandeln und mit einem Katheter-Eingriff am Herzen langfristig vorbeugen.
Wenn das Herz sehr schnell schlägt, ist das oft als Herzrasen oder Herzklopfen (Palpitationen) zu spüren. Bei anfallsartigen Vorhoftachykardien tritt das Herzrasen plötzlich auf. Der Puls liegt während eines Anfalls meist zwischen etwa 180 und 200 Schlägen pro Minute. Das kann unangenehm sein und Angst machen.
Außerdem sind Schwindel, Schwäche, Brustschmerzen und Atemnot möglich. Seltener und eher bei älteren Menschen kommt es zu einer Ohnmacht (Synkope) und dadurch zu Stürzen. Manche Menschen müssen nach einem Anfall viel Wasser lassen.
Die Ursache für das Herzrasen bei einer anfallsartigen Vorhoftachykardie ist meist eine Störung im sogenannten AV-Knoten. Er liegt im Herz zwischen Vorhöfen und Herzkammern.
Normalerweise nimmt der AV-Knoten bei jedem Herzschlag den elektrischen Impuls aus den Vorhöfen auf, leitet ihn in die Herzkammern weiter und sorgt so mit dafür, dass das Herz regelmäßig schlägt. Diese Weiterleitung kann bei einer Vorhoftachykardie gestört werden. Im AV-Knoten bleiben dann Impulse „hängen“ und kreisen darin umher. Dies führt dazu, dass der AV-Knoten kurz hintereinander viele Impulse in die Herzkammern schickt. Das lässt das Herz sehr schnell schlagen.
Andere Gründe für die Entstehung einer anfallsartigen Vorhoftachykardie können sein:
Etwa 2 bis 3 von 1000 Menschen haben Herzrasen, das im Vorhof oder am Übergang zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern entsteht. Vorhoftachykardien kommen bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Das Risiko dafür steigt mit dem Alter.
Allerdings gilt das nicht für alle Formen: Ist die Ursache eine angeborene zusätzliche Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern, sind eher Männer und jüngere Menschen betroffen.
Vorhoftachykardien treten in der Regel anfallsartig auf: Das Herzrasen beginnt plötzlich, hält einige Minuten an und hört genauso plötzlich wieder auf. Bei manchen Menschen kann ein Anfall auch über eine Stunde dauern.
Die Zeit zwischen den Attacken kann unterschiedlich lang sein: Bei manchen Betroffenen treten mehrere Anfälle pro Tag auf, bei anderen liegen Tage, Wochen oder Monate zwischen zwei Anfällen.
Wer plötzliches, anfallsartiges Herzrasen hat, sollte dies ärztlich abklären lassen. Die Ärztin oder der Arzt führt eine körperliche Untersuchung durch und fragt nach den genauen Beschwerden. Meist ergeben sich so bereits Hinweise, ob eine anfallsartige Vorhoftachykardie vorliegt und um welche Form es sich handelt.
Um eine anfallsartige Vorhoftachykardie sicher festzustellen, ist – wie bei allen Herzrhythmusstörungen – ein Elektrokardiogramm (EKG) erforderlich. Eine Attacke tritt aber nicht unbedingt auf, während man an das EKG-Gerät angeschlossen ist. Häufig wird deshalb ein Langzeit-EKG über 24 Stunden oder länger gemacht. Dazu erhält man einen kleinen EKG-Rekorder, den man sich zum Beispiel unter der Kleidung um den Hals hängen kann. Das Gerät ist mit Elektroden verbunden, die auf die Haut des Brustkorbs geklebt werden. Spezielle Aufnahmegeräte – sogenannte Event-Rekorder – können den Herzschlag sogar über mehrere Jahre aufzeichnen und so auch selten auftretende Herzrhythmusstörungen feststellen. Die Geräte sind so klein, dass sie unter die Haut implantiert werden können.
Die genaue Ursache einer anfallsartigen Vorhoftachykardie kann mit einer speziellen Herzkatheter-Untersuchung gefunden werden – der elektrophysiologischen Untersuchung (EPU). Diese Untersuchung wird vor allem gemacht, wenn
Um die genauen Ursachen festzustellen, kommen weitere Untersuchungen wie ein Ultraschall des Herzens (Echokardiografie) oder Schilddrüsenuntersuchungen infrage.
In der Regel haben anfallsartige Vorhoftachykardien keine schweren Folgen. Ein hohes Alter und Vorerkrankungen können aber das Risiko erhöhen, dass man bei einem Anfall ohnmächtig wird und stürzt oder dass das Herz geschädigt und geschwächt wird.
Um das Risiko für Komplikationen abzuschätzen, muss außerdem die Ursache für das Herzrasen berücksichtigt werden: Liegt etwa eine zusätzliche Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern (sogenanntes Präexzitationssyndrom), kann ein Anfall unter Umständen ein lebensbedrohliches Kammerflimmern auslösen. Das Risiko dafür ist vor allem erhöht, wenn man zusätzlich an einem Vorhofflimmern erkrankt ist.
Bei der Behandlung anfallsartiger Vorhoftachykardien unterscheidet man zwischen
Um das akute Herzrasen zu stoppen, haben sich spezielle Atemtechniken bewährt, die sogenannten Valsalva-Manöver. Dabei erhöht man den Druck im Bauchraum, indem man die Luft anhält und in den Bauch presst − ähnlich wie man es gegen Schluckauf macht. Oft werden sie mit bestimmten Körperhaltungen kombiniert, etwa mit hochgelagerten Beinen. Durch die Manöver wird der Vagusnerv gereizt – ein Nerv, der unter anderem das Herz versorgt und die Herzfrequenz verlangsamen kann. Er lässt sich auch anders reizen, etwa indem man schnell ein Glas kaltes Wasser trinkt.
Diese Methoden kann man selbst anwenden, um einen Anfall zu beenden. Sie werden auch in der Arztpraxis oder im Krankenhaus als erstes ausprobiert. Sind sie nicht erfolgreich, werden Medikamente gespritzt. Wenn auch das nicht hilft oder das Herzrasen zu schweren Kreislaufproblemen führt, wird versucht, es mit einem elektrischen Impuls (Elektrokardioversion) zu beenden.
Die Behandlung kann durch Maßnahmen ergänzt werden, die wiederkehrenden Anfällen langfristig vorbeugen sollen. Das ist sinnvoll, wenn das Herzrasen häufig auftritt und mit Beschwerden verbunden ist. Ein wirksames Verfahren ist die Katheterablation. Dabei wird ein Katheter bis zum Herzen vorgeschoben und zielgenau etwas Herzgewebe verödet. Auch Personen, die zwar keine Beschwerden, aber ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Folgen haben, wird eine Katheterablation empfohlen. Alternativ können dauerhaft Medikamente eingenommen werden.
Wer ansonsten gesund ist, kein erhöhtes Komplikationsrisiko hat und sich durch seltene Anfälle nicht eingeschränkt fühlt, kann auf eine Behandlung verzichten.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. In unserem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ informieren wir darüber, wie man die richtige Praxis findet – und mithilfe unserer Frageliste möchten wir dabei helfen, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten.
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Aktualisiert am 05.04.2023
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