Divertikel sind Ausstülpungen der Darmschleimhaut: An den betroffenen Stellen wölbt sich die Darminnenwand durch die Darmmuskulatur nach außen. Dadurch entstehen meist kleine ballonförmige Ausstülpungen im Darm, in denen sich Stuhl ablagern kann. Divertikel sind oft harmlos, können aber zu Darmbeschwerden und Schmerzen führen. Etwas vereinfacht, werden drei Formen unterschieden:
Divertikel können zu wiederkehrenden oder dauerhaften Beschwerden führen. Dies wird als chronische Divertikelkrankheit bezeichnet. Eine Divertikulitis ist meist gut behandelbar, kann aber ernste Folgen haben, wenn sich die Entzündung ausbreitet.
Divertikel und Divertikulitis
Die meisten Divertikel machen keine Beschwerden. Eine Divertikelkrankheit äußert sich meist durch Schmerzen im linken Unterbauch, seltener im rechten. Außerdem kann es zu Blähungen, Verstopfung oder Durchfall kommen. Die Beschwerden verschwinden oft vorübergehend, können aber auch von Dauer sein. Häufig sind sie nach dem Essen stärker, nach dem Stuhlgang dagegen schwächer. Divertikel können manchmal auch bluten.
Bei einer Divertikelentzündung (Divertikulitis) treten plötzlich dumpfe Schmerzen im Unterbauch auf, begleitet von leichtem Fieber. Weitere Anzeichen sind Verstopfung, Durchfall, Blähungen und Übelkeit, manchmal auch Krämpfe. Erbrechen ist eher selten. Wenn die Ärztin oder der Arzt auf den Bauch drückt, spannt sich die Bauchmuskulatur reflexartig an (Abwehrspannung). Beim plötzlichen Loslassen wird der Schmerz stärker.
Divertikel entstehen an Stellen, wo die Darmmuskulatur schwächer ist. Meist bilden sie sich im Sigma, einem etwa 40 bis 45 Zentimeter langen Abschnitt des Dickdarms. In diesem S-förmigen Bereich vor dem Mastdarm ist der Druck des Stuhls auf die Darmwand am höchsten.
Manche Menschen sind erblich bedingt anfälliger für Divertikel. Ein schwaches Bindegewebe und gestörte Darmbewegungen sind weitere Risikofaktoren. Auch ältere sowie stark übergewichtige Menschen haben häufiger eine Divertikulose.
Welche Rolle der Lebensstil spielt, ist noch nicht vollständig geklärt. Eine ballaststoffarme Ernährung kann zu Verstopfung und hartem Stuhlgang führen – das spricht dafür, dass sie das Risiko für eine Divertikelkrankheit erhöhen kann. Als weitere Risikofaktoren für die Divertikelkrankheit werden eine Ernährung mit viel rotem Fleisch, Rauchen und wenig körperliche Bewegung vermutet.
Warum sich Divertikel entzünden und was das Risiko dafür erhöht, ist noch unklar. Es wird davon ausgegangen, dass eine verringerte Durchblutung und die Bildung von Kotsteinen in den Divertikeln Entzündungen begünstigen.
Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem (zum Beispiel nach einer Organtransplantation) oder mit schweren Nierenerkrankungen kommt es häufiger zu Komplikationen. Vermutlich erhöht auch die längerfristige Einnahme bestimmter Medikamente das Risiko für einen schweren Verlauf. Dazu zählen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR), Kortikoide, Acetylsalicylsäure (ASS) und Opioide.
Viele Menschen haben eine Divertikulose, ohne davon zu wissen. Mit dem Alter werden Divertikel häufiger: Etwa 10 % der Menschen unter 50 haben Divertikel, bei über 70-Jährigen sind es etwa 50 %. Bei Frauen und Männern kommen sie ähnlich häufig vor.
Etwa 1 % aller Menschen mit Divertikulose entwickelt innerhalb von zehn Jahren eine Divertikulitis. Die Entzündung kann in jedem Alter auftreten.
Divertikel bleiben häufig unbemerkt, solange sie nicht zu Beschwerden führen. Sie können aber chronische Verdauungsbeschwerden und Schmerzen verursachen oder sich entzünden.
Eine Divertikulitis lässt sich meist gut behandeln und heilt dann innerhalb weniger Wochen ab. Etwa 20 % der Betroffenen bekommen in den Jahren danach jedoch mindestens einmal eine erneute Divertikulitis.
Eine Divertikulitis kann zu Komplikationen führen, wenn die Entzündung auf die Darmwand, die Umgebung oder benachbarte Organe übergreift. Es können sich Eiteransammlungen (Abszesse) und Fisteln bilden. Eine Fistel ist eine röhrenartige Verbindung zwischen zwei Organen, zum Beispiel zwischen Darm und Harnblase.
Eine seltene, aber schwere Komplikation ist es, wenn ein Loch in der Darmwand entsteht (Darmdurchbruch oder Darmperforation). Wenn Stuhl in den Bauchraum austritt, kann es zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis) kommen. Sie äußert sich meist durch starke Bauchschmerzen, eine harte Bauchdecke, Fieber, Übelkeit, Herzrasen und allgemeine Schwäche. Bei solchen Anzeichen ist es wichtig, rasch ärztliche Hilfe zu suchen.
Bei manchen Menschen entzünden sich Divertikel auch nach einer erfolgreichen Behandlung immer wieder – dann spricht man von einer chronisch-rezidivierenden Divertikulitis. Dadurch können sich vernarbte Verengungen (Stenosen) im Darm bilden, die das Weiterleiten des Stuhls erschweren. Im Extremfall kann ein Darmverschluss (Ileus) die Folge sein. Manche Menschen haben dauerhafte Beschwerden, ohne dass der Darm entzündet ist. Das Risiko für Komplikationen ist bei der ersten Divertikulitis am höchsten. Bei wiederkehrenden Entzündungen sinkt das Risiko deutlich. Ihre Folgen sind vor allem chronische Beschwerden wie Stuhlunregelmäßigkeiten, Blähungen und Bauchschmerzen.
Gut zu wissen: Aus Divertikeln entwickelt sich kein Darmkrebs. Dieser entsteht aus Darmpolypen.
Im Untersuchungsgespräch fragt die Ärztin oder der Arzt unter anderem nach Vorerkrankungen und der Einnahme von Medikamenten. Bei der körperlichen Untersuchung wird der Bauch abgehört und ebenso wie der Enddarm abgetastet. Je nach Art der Beschwerden können Blut- und Urinuntersuchungen und eine Messung der Körpertemperatur folgen. In der Regel schließt sich eine Ultraschalluntersuchung an. Steht die Diagnose dann noch nicht fest, können eine Computertomografie und unter Umständen eine Darmspiegelung notwendig sein.
Durch die Untersuchung müssen auch andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, denn die Beschwerden bei einer Divertikelkrankheit ähneln zum Beispiel einer Blinddarmentzündung oder einem Reizdarmsyndrom.
Bei einer akuten Divertikulitis wäre eine Darmspiegelung (Koloskopie) zu risikoreich. Häufig wird aber empfohlen, die Untersuchung etwa 4 bis 6 Wochen nach dem Abheilen einer Divertikulitis machen zu lassen. Sie soll prüfen, ob die Beschwerden nicht doch durch Polypen, Darmkrebs oder andere Erkrankungen bedingt waren.
Eine ballaststoffreiche Ernährung sorgt dafür, dass der Stuhl nicht zu hart wird. Dies legt nahe, dass sie Menschen mit Divertikeln vor Beschwerden oder Entzündungen schützen könnte. Viele Ballaststoffe finden sich in Vollkornprodukten, Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst. Auch körperliche Bewegung regt die Verdauung an; ob sie Beschwerden vorbeugen kann, ist aber bislang unklar.
In manchen Ernährungsempfehlungen wird von bestimmten Nahrungsmitteln abgeraten, besonders von Nüssen, Körnern, Mais und Popcorn. Man vermutete lange, dass kleine Rückstände dieser Nahrungsmittel in den Divertikeln stecken bleiben und Entzündungen begünstigen. Das konnten Untersuchungen jedoch widerlegen. Man braucht also zum Beispiel nicht auf Nüsse zu verzichten.
Divertikel, die keine Beschwerden verursachen, müssen nicht behandelt werden. Die Behandlung einer Divertikulitis hängt vom Schweregrad ab. Ihr Ziel ist es,
Da die Entzündung bei einer Divertikulitis durch Bakterien ausgelöst wird, kann sie mit Antibiotika behandelt werden. Sie sind aber meist nur dann notwendig, wenn Komplikationen auftreten oder das Risiko dafür erhöht ist. Bei Komplikationen kann auch eine Einweisung ins Krankenhaus nötig sein.
Wenn sich eine akute Divertikulitis nicht bessert oder dauerhafte Beschwerden bestehen, kann der betroffene Teil des Dickdarms durch eine Operation entfernt werden. Wegen der Risiken sollte ein Eingriff allerdings sorgsam abgewogen werden. Bei schweren Komplikationen wie einer Bauchfellentzündung muss dagegen rasch operiert werden.
Bei chronischen Beschwerden kann es zudem einen Versuch wert sein, sich ballaststoffreicher zu ernähren. Ob probiotische Nahrungsmittel helfen können, ist noch nicht ausreichend geklärt.
Heute spricht vieles dafür, dass Antibiotika und Operationen seltener nötig sind als lange Zeit gedacht.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. In unserem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ informieren wir darüber, wie man die richtige Praxis findet – und mithilfe unserer Frageliste möchten wir dabei helfen, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten.
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Aktualisiert am 01.12.2021
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