Es schmerzt im unteren Rücken? Die Angst vor einem Bandscheibenvorfall ist groß? Es könnte jedoch auch etwas anderes dahinter stecken.
Rückenschmerzen sind keine Seltenheit. Viele Menschen haben regelmäßig Beschwerden. Laut dem Statistikportal Statista ist es sogar fast jeder dritte Erwachsene, der öfter oder ständig Rückenbeschwerden hat.1 Diese seien auch einer der häufigsten Gründe für Krankschreibungen bei der Arbeit.2 Der Rücken ist mit seiner Wirbelsäule im Wortsinn die tragende Säule des Körpers. Probleme hier können darum auch Auswirkungen an anderen Stellen bedeuten. Ein wichtiger Knotenpunkt ist dabei das Iliosacralgelenk, das sich zwischen dem Becken und dem Kreuzbein befindet, wie Tobias Pantförder lokalisiert. Schmerzt es oder ist es blockiert, dann spricht man auch von ISG-Syndrom. Der Orthopäde aus Datteln beantwortet im Interview die wichtigsten Fragen rund um das Gelenk.
Herr Pantförder, worin liegen die Ursachen für ein ISG-Syndrom?
Tobias Pantförder: Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Beckenfehlstellungen oder -funktionsstörungen der Kategorie eins bis drei zum Beispiel. Eins steht dabei für eine sogenannte Beckenverwringung, zwei für Sakroiliakalgelenksdysfunktion und drei für die Dysfunktion des Überganges von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein. Es können aber auch Bewegungsstörungen des Kreuzbeins durch muskuläre Dysbalancen sein – unter anderem auch bei manchen sportlichen Aktivitäten mit einseitigen Kraftbewegungen wie Schießen oder Werfen – oder nach Stürzen zum Beispiel auf das Steißbein. Andererseits können aber auch Funktionsstörungen an anderen Körperregionen der Grund sein, die über Verkettungssyndrome negativen Einfluss auf das ISG haben. Zum Beispiel kann eine Dysbiose (Ungleichgewicht der Darmflora), eine Irritation der Kopfgelenke (Übergang Schädel und obere Halswirbelsäule) oder sonstige versteckte, chronische Verletzungsmuster (z. B. Narben, vergangene Umknicktraumata, Zahnstörfelder etc.) unter anderem Beschwerden im Bereich des ISG auslösen. Hier gilt es dann häufig, an anderen Körperarealen und mit anderen Therapiemethoden zu behandeln, um die Schmerzen im ISG Bereich und Rücken zu lindern bzw. zu beseitigen.
Machen sich die Beschwerden dann nur im Iliosakralgelenk bemerkbar?
Pantförder: Nein, die Beschwerden können dort, aber auch teils beidseitig ausstrahlend in die Gesäßhälften, Leisten und Füße auftreten.
Gibt es weitere auslösende Faktoren?
Pantförder: Auch entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie der Morbus Bechterew zählen zu den Risikofaktoren. Außerdem können verschleißbedingte Veränderungen zu Problemen führen. Aber auch mitochondriale Dysfunktionen (die „Kraftwerke“ in unseren Zellen) können zu Beschwerden/Instabilitäten im Bereich der Iliosakralgelenke führen. Und wie zuvor bereits erwähnt gibt es zahlreiche andere Ursachen, so dass die Beschwerden nicht selten multifaktoriell bedingt sind.
Welche Symptome sind typisch für ein ISG-Syndrom?
Pantförder: Die schon genannten Schmerzen im Kreuzdarmbeingelenk am unteren Rücken, die auch in den Gesäßbereich und die Leiste und im Bein bis zum Fuß ausstrahlen können.