Nur essen, wozu man Lust hat und nur dann, wenn der Körper es signalisiert? Sich intuitiv zu ernähren, klingt gut, ist aber gar nicht so leicht.
Low-Carb, Paleo, vegane Ernährung und Co. Die Formen der Ernährung sind vielfältig. Der eine verzichtet gänzlich auf Kohlenhydrate, die andere auf Fleisch; manch einer hält sich an das Intervallfasten nach dem Prinzip 16 zu 8. Man kann sagen: Menschen machen sich viele Gedanken darum, wie, wann und was sie essen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Manche wollen aber ihren Bauch entscheiden lassen. Sie ernähren sich intuitiv. Oder wollen es zumindest versuchen. Der Plan: in seinen Körper hineinhören; darauf achten, was einem gut tut; nur essen, wenn man Hunger hat. Der Vorstellung nach stellt sich so ein gesunder Umgang mit der Ernährung ein, frei von Verboten und frei von äußeren Einflüssen, die, wie wir alle wissen, unser tägliches Leben bestimmen.
Intuitive Ernährung ist ganzheitlich
So erklärt es auch die Ökotrophologin und Ernährungsberaterin Manuela Marin aus Berlin. „Die Theorie ist, dass man sich dann automatisch so ernährt, wie die wissenschaftlichen Richtlinien und Empfehlungen sind, wenn man das konsequent macht.“ Doch sie weiß aus ihrer beruflichen Erfahrung auch, dass das gar nicht so einfach ist. Es gehöre nicht nur sehr viel Disziplin dazu, sagt sie, nein, es sei vielmehr ein lebenslanger Prozess. Marin sieht dieses achtsame Verhalten auch nicht nur auf die Ernährung bezogen, sondern in einem größeren Zusammenhang. „Es geht, denke ich, vielmehr um die Lebensweise an sich. Das betrifft auch die Einstellung zu anderen Dingen, wie zur Arbeit, zu Freunden, Freizeit. Wenn man hier eine gewisse Bewusstheit und Achtsamkeit hineinbringt, dann kann das auch in der Ernährung gelingen.“
So klappt der gesunde Start in den Tag
Der Vorteil liege darin, dass man offen für Neues sei und lerne, zu reflektieren: Was tut mir gut? Wie fühle ich mich? Das versuche sie auch in ihren Beratungen zu vermitteln. Denn dies ganz allein ohne Anleitung umzusetzen, glaubt Marin, sei schwierig. Lust, Langeweile, Frust – es gibt viele Impulse und Einflüsse, die einen schnell zum Kühlschrank laufen oder in die Vorratsschublade greifen lassen. Auch ein öffentlich vermitteltes Schönheitsideal oder empfohlene Diäten beeinflussen. „Wir können die gesellschaftlichen Bedingungen ja nicht wegdenken. Es ist daher ein Prozess.“ Manchmal isst man etwas, beispielsweise zum Frühstück, weil man meint, es ist gut als Start in den Tag. Hier empfiehlt Marin, zu schauen, was genau einem da gut tut und verschiedene Dinge auch auszuprobieren. „Und wenn man merkt, man hat früh morgens gar keinen Hunger, sondern erst um 10 Uhr, dann ist das doch wunderbar. Das wäre dann sozusagen ein Zweiklang aus Intuition und Anleitung.“ Allein zu sagen „Guckt mal, was euer Bauch euch sagt“, sei ihrer Ansicht nach zu einfach. Dies könne auch im Internet mal suggeriert werden. „Hier kann man leicht in Fallen tappen“, sagt die Expertin. Zuverlässige Informationsquellen seien beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Bundeszentrale für Ernährung und auch die Verbraucherzentralen.
Nährstoffe statt Nahrungsergänzungsmittel
Von strikten Ernährungsplänen rät Marin ab. „Von Verboten ist man mittlerweile ohnehin etwas weggekommen.“ Selbst bei Diabetes oder anderen Stoffwechselerkrankungen sei vieles angepasster geworden und die Dinge, die man ausschließen muss, seien weniger geworden. Anders verhält es sich im Sport. Athleten achten auf Eiweiße, Kohlenhydrate und Co. „Na klar, hier wollen die das ja auch. Doch auch innerhalb dieser Nährstoffgruppen gibt es ja eine riesige Vielfalt, aus der man auswählen kann. Und es ist doch nichts langweiliger, als einfach eine Pille reinzuschmeißen. Da geht ja der Genuss verloren.“ Und genau das soll Essen ja auch sein.