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Herzrasen (bei anfallsartiger Vorhoftachykardie)

Autoren/Herausgeber: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Einleitung

Dass der Puls bei Sport oder Stress steigt, ist ganz normal. Manchmal schlägt das Herz aber aufgrund einer Erkrankung sehr schnell. Man kann das als unangenehmes Herzrasen spüren. Mögliche Ursachen sind hohes Fieber, Schilddrüsenprobleme oder Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder eine Kammertachykardie.

Es gibt auch andere Herzrhythmusstörungen, die Herzrasen auslösen können: die anfallsartigen Vorhoftachykardien (Fachbegriff: paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien). Um sie geht es in diesem Text. Sie sorgen meist für kurze Anfälle: Das Herzrasen fängt plötzlich an und verschwindet meist nach einigen Minuten von selbst wieder. Der Herzschlag bleibt dabei regelmäßig. Diese Herzrhythmusstörungen entstehen in den Vorhöfen des Herzens oder am Übergang zwischen Vorhöfen und Herzkammern.

Vielen Betroffenen gelingt es, einen Anfall von Herzrasen selbst zu beenden, indem sie die Luft anhalten und in den Bauch pressen – ähnlich wie man es gegen Schluckauf macht.

Die Anfälle haben in der Regel keine ernsten Folgen. Bestimmte Formen anfallsartiger Vorhoftachykardien können jedoch zu Komplikationen führen. Aber auch sie lassen sich in der Regel gut behandeln und mit einem Katheter-Eingriff am Herzen langfristig vorbeugen.

Auf einen Blick

  • Wenn das Herz plötzlich zu schnell schlägt, kann eine anfallsartige Vorhoftachykardie dahinterstecken.
  • Dabei kommt es zu kurzen Anfällen mit Herzrasen und Herzklopfen, manchmal auch zu weiteren Beschwerden wie Schwindel.
  • Oft lässt sich das Herzrasen mit einfachen Atemtechniken beenden. Hilft das nicht, kommen Medikamente oder selten eine Behandlung mit einem elektrischen Impuls infrage.
  • Ernste Folgen sind insgesamt selten.
  • Langfristig kann ein Katheter-Eingriff erneuten Anfällen vorbeugen.

Symptome

Wenn das Herz sehr schnell schlägt, ist das oft als Herzrasen oder Herzklopfen (Palpitationen) zu spüren. Bei anfallsartigen Vorhoftachykardien tritt das Herzrasen plötzlich auf. Der Puls liegt während eines Anfalls meist zwischen etwa 180 und 200 Schlägen pro Minute. Das kann unangenehm sein und Angst machen.

Außerdem sind Schwindel, Schwäche, Brustschmerzen und Atemnot möglich. Seltener und eher bei älteren Menschen kommt es zu einer Ohnmacht (Synkope) und dadurch zu Stürzen. Manche Menschen müssen nach einem Anfall viel Wasser lassen.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursache für das Herzrasen bei einer anfallsartigen Vorhoftachykardie ist meist eine Störung im sogenannten AV-Knoten. Er liegt im Herz zwischen Vorhöfen und Herzkammern.

Normalerweise nimmt der AV-Knoten bei jedem Herzschlag den elektrischen Impuls aus den Vorhöfen auf, leitet ihn in die Herzkammern weiter und sorgt so mit dafür, dass das Herz regelmäßig schlägt. Diese Weiterleitung kann bei einer Vorhoftachykardie gestört werden. Im AV-Knoten bleiben dann Impulse „hängen“ und kreisen darin umher. Dies führt dazu, dass der AV-Knoten kurz hintereinander viele Impulse in die Herzkammern schickt. Das lässt das Herz sehr schnell schlagen.

Andere Gründe für die Entstehung einer anfallsartigen Vorhoftachykardie können sein:

  • angeborene zusätzliche Leitungsbahnen zwischen Vorhöfen und Herzkammern: Sie bilden einen Kurzschluss, sodass ein Impuls in die Kammern weitergegeben wird, aber auch wieder in Richtung Vorhof zurückkehren und dann zwischen den Kammern und den Vorhöfen kreisen kann. Fachleute bezeichnen solche Formen der anfallsartigen Vorhoftachykardie auch als Präexzitationssyndrom. Eine Unterform ist das sogenannte WPW-Syndrom. Dabei kann das Risiko für Komplikationen erhöht sein – vor allem wenn man zusätzlich Vorhofflimmern hat.
  • zusätzliche Herzschläge (Extrasystolen): Extrasystolen treten auch bei Gesunden immer wieder auf und verursachen selbst keine Probleme. Sie können aber Auslöser einer kreisenden Erregung im AV-Knoten oder zwischen Vorhöfen und Kammern sein.
  • elektrische Impulse aus Bereichen der Vorhöfe, die eigentlich gar nicht zum Erregungsleitungssystem des Herzens gehören: Ein solcher Herd kann durch Vernarbungen infolge einer Herzerkrankung oder nach einem Eingriff am Herzen entstehen.
  • Störungen im Salzhaushalt, Alkohol- oder Drogenkonsum sowie Stress

Häufigkeit

Etwa 2 bis 3 von 1000 Menschen haben Herzrasen, das im Vorhof oder am Übergang zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern entsteht. Vorhoftachykardien kommen bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Das Risiko dafür steigt mit dem Alter.

Allerdings gilt das nicht für alle Formen: Ist die Ursache eine angeborene zusätzliche Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern, sind eher Männer und jüngere Menschen betroffen.

Verlauf

Vorhoftachykardien treten in der Regel anfallsartig auf: Das Herzrasen beginnt plötzlich, hält einige Minuten an und hört genauso plötzlich wieder auf. Bei manchen Menschen kann ein Anfall auch über eine Stunde dauern.

Die Zeit zwischen den Attacken kann unterschiedlich lang sein: Bei manchen Betroffenen treten mehrere Anfälle pro Tag auf, bei anderen liegen Tage, Wochen oder Monate zwischen zwei Anfällen.

Diagnose

Wer plötzliches, anfallsartiges Herzrasen hat, sollte dies ärztlich abklären lassen. Die Ärztin oder der Arzt führt eine körperliche Untersuchung durch und fragt nach den genauen Beschwerden. Meist ergeben sich so bereits Hinweise, ob eine anfallsartige Vorhoftachykardie vorliegt und um welche Form es sich handelt.

Um eine anfallsartige Vorhoftachykardie sicher festzustellen, ist – wie bei allen Herzrhythmusstörungen – ein Elektrokardiogramm (EKG) erforderlich. Eine Attacke tritt aber nicht unbedingt auf, während man an das EKG-Gerät angeschlossen ist. Häufig wird deshalb ein Langzeit-EKG über 24 Stunden oder länger gemacht. Dazu erhält man einen kleinen EKG-Rekorder, den man sich zum Beispiel unter der Kleidung um den Hals hängen kann. Das Gerät ist mit Elektroden verbunden, die auf die Haut des Brustkorbs geklebt werden. Spezielle Aufnahmegeräte – sogenannte Event-Rekorder – können den Herzschlag sogar über mehrere Jahre aufzeichnen und so auch selten auftretende Herzrhythmusstörungen feststellen. Die Geräte sind so klein, dass sie unter die Haut implantiert werden können.

Die genaue Ursache einer anfallsartigen Vorhoftachykardie kann mit einer speziellen Herzkatheter-Untersuchung gefunden werden – der elektrophysiologischen Untersuchung (EPU). Diese Untersuchung wird vor allem gemacht, wenn

  • sich bereits abzeichnet, dass die Herzrhythmusstörung mit einem Eingriff – der Katheterablation – behandelt werden soll, etwa weil das Herzrasen immer wieder auftritt und sehr belastend ist, oder
  • man zwar keine Beschwerden hat, aber der Verdacht besteht, dass es zusätzliche Leitungsbahnen zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern gibt. Dies betrifft vor allem Leistungssportlerinnen und -sportler sowie Menschen mit einem verantwortungsvollen Beruf, wie Pilotinnen und Piloten. Per EPU lassen sich die Leitungsbahnen genauer untersuchen und man kann feststellen, ob es ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie ein Kammerflimmern gibt.

Um die genauen Ursachen festzustellen, kommen weitere Untersuchungen wie ein Ultraschall des Herzens (Echokardiografie) oder Schilddrüsenuntersuchungen infrage.

Folgen

In der Regel haben anfallsartige Vorhoftachykardien keine schweren Folgen. Ein hohes Alter und Vorerkrankungen können aber das Risiko erhöhen, dass man bei einem Anfall ohnmächtig wird und stürzt oder dass das Herz geschädigt und geschwächt wird.

Um das Risiko für Komplikationen abzuschätzen, muss außerdem die Ursache für das Herzrasen berücksichtigt werden: Liegt etwa eine zusätzliche Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern (sogenanntes Präexzitationssyndrom), kann ein Anfall unter Umständen ein lebensbedrohliches Kammerflimmern auslösen. Das Risiko dafür ist vor allem erhöht, wenn man zusätzlich an einem Vorhofflimmern erkrankt ist.

Behandlung

Bei der Behandlung anfallsartiger Vorhoftachykardien unterscheidet man zwischen

  • Maßnahmen, die das akute Herzrasen beenden, und
  • Maßnahmen, die langfristig Anfällen vorbeugen sollen.

Maßnahmen bei akutem Herzrasen

Um das akute Herzrasen zu stoppen, haben sich spezielle Atemtechniken bewährt, die sogenannten Valsalva-Manöver. Dabei erhöht man den Druck im Bauchraum, indem man die Luft anhält und in den Bauch presst − ähnlich wie man es gegen Schluckauf macht. Oft werden sie mit bestimmten Körperhaltungen kombiniert, etwa mit hochgelagerten Beinen. Durch die Manöver wird der Vagusnerv gereizt – ein Nerv, der unter anderem das Herz versorgt und die Herzfrequenz verlangsamen kann. Er lässt sich auch anders reizen, etwa indem man schnell ein Glas kaltes Wasser trinkt.

Diese Methoden kann man selbst anwenden, um einen Anfall zu beenden. Sie werden auch in der Arztpraxis oder im Krankenhaus als erstes ausprobiert. Sind sie nicht erfolgreich, werden Medikamente gespritzt. Wenn auch das nicht hilft oder das Herzrasen zu schweren Kreislaufproblemen führt, wird versucht, es mit einem elektrischen Impuls (Elektrokardioversion) zu beenden.

Maßnahmen zur Vorbeugung weiterer Anfälle

Die Behandlung kann durch Maßnahmen ergänzt werden, die wiederkehrenden Anfällen langfristig vorbeugen sollen. Das ist sinnvoll, wenn das Herzrasen häufig auftritt und mit Beschwerden verbunden ist. Ein wirksames Verfahren ist die Katheterablation. Dabei wird ein Katheter bis zum Herzen vorgeschoben und zielgenau etwas Herzgewebe verödet. Auch Personen, die zwar keine Beschwerden, aber ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Folgen haben, wird eine Katheterablation empfohlen. Alternativ können dauerhaft Medikamente eingenommen werden.

Wer ansonsten gesund ist, kein erhöhtes Komplikationsrisiko hat und sich durch seltene Anfälle nicht eingeschränkt fühlt, kann auf eine Behandlung verzichten.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. In unserem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ informieren wir darüber, wie man die richtige Praxis findet – und mithilfe unserer Frageliste möchten wir dabei helfen, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten.

Quellen

Brandes R, Lang F, Schmidt R. Physiologie des Menschen: mit Pathophysiologie. Berlin: Springer; 2019.

Brugada J, Katritsis DG, Arbelo E et al. 2019 ESC Guidelines for the management of patients with supraventricular tachycardia. The Task Force for the management of patients with supraventricular tachycardia of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2020; 41(5): 655-720.

Hindricks G, Hoffmann E, Kuck KH et al. Kommentar zu den Leitlinien (2019) der ESC zur Behandlung supraventrikulärer Tachykardien. Kardiologe 2021; 15: 194-200.

Kasper DL, Fauci AS, Hauser SL et al. Harrison's Principles of Internal Medicine. New York: McGraw-Hill; 2015.

Lan Q, Han B, Wu F et al. Modified Valsalva maneuver for treatment of supraventricular tachycardias: A Meta-analysis. Am J Emerg Med 2021; 50: 507-512.

Page RL, Joglar JA, Caldwell MA et al. 2015 ACC/AHA/HRS Guideline for the Management of Adult Patients With Supraventricular Tachycardia: Executive Summary: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines and the Heart Rhythm Society. J Am Coll Cardiol 2016; 67(13): 1575-1623.

Smith GD, Fry MM, Taylor D et al. Effectiveness of the Valsalva Manoeuvre for reversion of supraventricular tachycardia. Cochrane Database Syst Rev 2015; (2): CD009502.

Wood KA, Wiener CL, Kayser-Jones J. Supraventricular tachycardia and the struggle to be believed. Eur J Cardiovasc Nurs 2007; 6(4): 293-302.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 05.04.2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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