

moderne Faszienforschung. In Deutsch-
land verhalf zuerst der Faszienforscher Dr.
Robert Schleip den Faszien in die Medien;
er gilt inzwischen als einer der weltweit
führenden Forscher zum Thema.
Mittlerweile arbeiten und forschen viele
Wissenschaftler in dem Bereich Faszien.
Das ist beinahe eine Revolution: Durch
den geänderten Blick auf die Faszien ver-
ändert sich vieles an unserer Sicht auf die
menschliche Anatomie. Durch das System
der Faszien wird unser Körper als untrenn-
bare Einheit und nicht als eine Gruppe
einzelner Teile gesehen. Und die Erkennt-
nisse werden immer umfangreicher.
Was man aber jetzt schon weiß, ist, dass
das „Training“ oder die Behandlung der
Faszien ein wichtiger Teil von Therapie
und Rehabilitation sein sollte bei unter
schiedlichen Beschwerden: Nacken-,
Schulter- oder Rückenschmerzen, Gelenk
schmerzen oder auch bisher undefinier
baren Schmerzen.
Faszien – die wichtigsten Fakten
1. In allen Teilen unseres Körpers befindet
sich fasziales Gewebe, als Hüllschichten
der Muskeln und der Organe. Sogar
jede unserer Zellen wird von einer
Faszie umhüllt.
2. Faszien sind Vermittler zwischen Mus-
keln und Knochen. Sie bieten mehr
Beweglichkeit als Knochen, aber gleich-
zeitig auch mehr Stabilität als Muskeln.
3. Faszien verfügen über sogenannte
„kontraktile“ Elemente, das heißt, sie
können sich zusammenziehen, wie
man an der Uni Ulm nachgewiesen
hat. Das kann man auch als Spannung
oder Steifigkeit spüren, wenn man
dauerhaften Stress hat. Denn durch den
Stress erhöht unser autonomes Nerven-
system den „faszialen Tonus“, also den
faszialen Spannungszustand.
4. Faszien sind wahrscheinlich unser größ-
tes Sinnesorgan. Denn sie enthalten
mehr Nervenfasern als beispielsweise
unsere Augen oder unsere Haut. Daher
kann eine Störung in der Faszie auch zu
sehr starken Schmerzen führen.
5. Über das körpereigene Fasziennetz, bzw.
fasziale Ketten, verteilen sich Kräfte im
gesamten Körper. Das heißt aber auch,
dass es zum Beispiel bei Überbelastung
an der einen Stelle zu (schmerzhaften)
Fehlspannungen an einer ganz anderen
Stelle des Körpers kommen kann.
Der letzte Punkt verweist auf die
sogenannte „Tensegrity“, die im Zusam-
menhang mit Faszien immer wieder
erwähnt wird.
Unser körpereigenes Netz – oder:
Was ist Tensegrity?
Das Wort ist ein ursprünglich aus der
Architektur stammendes Kunstwort, eine
Mischung aus „tensity“ (Gespanntheit)
und „integrity“ (Zusammenhalt). Gemeint
ist damit eine Art „vernetzter Zugspan-
nung“ – wenn man beispielsweise an einer
Stelle an einem Netz zieht, verteilt sich der
Zug auf das gesamte Netz. Übertragen auf
den Körper: Wenn man am linken Arm
zieht, erfolgt die Zugspannung bis ins
Bein.
Faszien-Training
Trainiert wird die Tensegrity bereits bei
manchen Yoga-Arten oder in den östlichen
Kampfkünsten (dazu gibt es in dieser
Illustration: ©Sarah Gertzen
6
gesund sein